Technisch betrachtet, handelt es sich sowohl bei Log, als auch bei Wide Dynamic Range um zwei verschiedene Gammakurven.
Was ist eine Gammakurve?
Mit Hilfe einer Gammakurve wird bestimmt, wie das einfallende Licht eines Motivs in Helligkeitswerte umgesetzt wird.
Jedem Helligkeitswert (abgetragen auf der horizontalen x-Achse) steht ein ebensolcher Wert auf der y-Achse gegenüber. Die Grafik zeigt einen linearen Gammaverlauf und entspricht damit dem „nackten“ Sensorsignal. Würde man mit einem solchen Gamma aufzeichnen, sähe das Bild sehr unnatürlich aus. Ursächlich ist unser Sehsinn, dessen Helligkeitswahrnehmung nicht linear erfolgt.
Unter anderem deshalb und um technische Besonderheiten von Kamera und Monitor zu berücksichtigen, wird die Gerade zu einer Kurve verbogen. Der Kurvenverlauf ist kameraabhängig und lässt sich bei hochwertigen Geräten sogar vom Bediener beeinflussen.
Rec 709
Die wohl gängigste Gammakurve leitet sich aus den Empfehlungen der International Telecommunication Union (ITU) zur Umsetzung von HDTV ab: ITU Rec 709. Da es sich nur um eine Empfehlung handelt, kann der genaue Kurvenverkauf von Hersteller zu Hersteller stark variieren.
Die zweite Grafik zeigt den Verlauf der Rec 709 – Gammakurve in der Umsetzung von Canon bei der C-Serie. Die Kurve verläuft gegenüber der vorhergehenden wesentlich steiler. Das bedeutet, dass ein geringer Helligkeitsunterschied im Originalmotiv eine weitaus größere Veränderung der Helligkeit auf dem Bild verursacht: Die Aufzeichnung erfolgt kontrastreicher (der Profi spricht von „steiler“) als in Wirklichkeit.
Ab einem gewissen Helligkeitswert, kurz vor Weiß, flacht die Kurve schlagartig ab. Dadurch können auch hellere Stellen des Motivs (z.B. Wolken) einwandfrei abgebildet werden. Ohne diesen Kniff wären diese Bereiche nur konturlos weiß. Das geht allerdings auf Kosten der Genauigkeit, denn in diesem Bereich stehen aufnahmeseitig nur sehr wenige Helligkeitsstufen zur Verfügung.
Auf Grund seiner charakteristischen Form nennt man diese Stelle „Kniepunkt“. Besitzer älterer Profi-Videokameras kennen diese Bezeichnung vielleicht noch. Damals konnte zwar nicht die gesamte Kurve, wohl aber der Kniepunkt an die Gegebenheiten des Motivs angepasst werden.
Eine Rec 709-Gammakurve ist für die direkte Vorführung, Sendung oder Projektion ohne vorherige Farbkorrektur gedacht. Sämtliche Fernsehbilder, aber auch JPG-Fotos direkt aus der Kamera arbeiten mit ähnlichen Gammaverläufen.
Wide Dynamic Range (WideDR)
WideDR ist die Canon-spezifische Bezeichnung für eine Gammakurve, die Ähnlichkeiten mit Rec 709 aufweist. Sony und andere Kamerahersteller bieten vergleichbare Kurvenprofile, benennen diese aber anders. Der Einsatzzweck – die direkte Vorführung ohne erforderliches Grading – ist derselbe.
Im unteren/mittleren Verlauf entspricht WideDR exakt der Rec 709-Kurve. Dadurch werden die für den natürlichen Bildeindruck wichtigen mittleren Bildhelligkeiten in gewohnter Weise reproduziert. Das gilt insbesondere für den europäischen menschlichen Hautton, dessen Helligkeit etwa eine Blendenstufe über dem an der Kamera eingestellten Belichtungswert liegt. Bereits kurz oberhalb des Hauttons flacht die Kurve weich ab und komprimiert so den Helligkeitsverlauf.
Eine helles Bilddetail, welches bei Rec 709 gerade noch in den zulässigen Pegelbereich (100%) fällt, liegt bei WideDR nur noch bei um die 80%. Mit den so gewonnenen 15 bis 20% des Videosignals können helle Bildbereiche detailliert wiedergegeben werden, die mit der Original-Rec-709-Kurve nur noch ausgefressen weiß dargestellt würden.
In WideDR aufgenommende Bilder erscheinen im Vergleich zu Rec 709 geringfügig weicher und in den Lichtern etwas weniger billant. Die Art und Weise, wie Lichter reproduziert werden, ist dafür analogem Filmmaterial deutlich ähnlicher. Vorausgesetzt, man mag diesen Look, spricht nichts dagegen, WideDR als Standardprofil zu verwenden.
Wer Rec 709 gewohnt ist, muss jedoch Obacht geben: Wird die Belichtung mit Hilfe von Monitor oder Oszilloskop unter Beurteilung der hellen Bildbereiche bestimmt, kommt es häufig zu einer Überbelichtung, die auf Grund des höheren Spielraums in den Lichtern nicht gleich als solche erkannt wird: Schwarze Bildpartien werden zu einem dunklen Grau, das Bild erscheint etwas matschig und kraftlos. Das lässt sich in der Postpro problemlos korrigieren, allerdings verliert damit das Bild den typischen, oft als filmisch bezeichneten WideDR-Look.
Log
Eine Log-Kurve ist immer hersteller- oder sogar kameraspezifisch und zeichnet sich durch ihren relativ flachen Verlauf aus. Auf diese Weise kann selbst ein sehr hoher Motivkontrast aufgezeichnet werden. Besonders bemerkbar macht sich das bei hellen Bildstellen.
Im Gegenzug ist ein Log-Bild out of the Box praktisch nicht zu gebrauchen. Es ist viel zu weich. Ohne Grading geht gar nichts!
Bei Aufnahmen mit sehr hohem Motivkontrast, zB. dem Blick von einem dunklen Raum in den Garten, reicht ein integrales Grading nicht aus, um das Bild an normale Sehgewohnheiten zu adaptieren. Um den gesamten, im Log-Bild enthaltenen Helligkeitsumfang wiederherzustellen, müssen helle und dunkle Bildbereiche mit Hilfe von Masken („Power Windows“) getrennt bearbeitet werden.
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