Warum gibt es keine runden Kamerasensoren?

„Sehr geehrter Herr Neudeck. Eine Frage, die immer wieder auftaucht ist: Warum gibt es keine runden Kamera-Sensoren? Mit freundlichen Grüßen“

Objektive sind rund, das von ihnen erzeugte Bild („Bildkreis“) ist rund, das menschliche Auge ist rund und selbst die Silizium-Wafer, auf denen Sensoren „gezüchtet“ werden, sind ebenfalls rund. Ja warum bloß sind dann die fertigen Bildsensoren eckig?

Tatsächlich war das nicht immer so. Die in der Frühzeit der Fernsehtechnik verwendeten Bildröhren, also die Urahnen heutiger Sensoren, waren nicht nur rund, sondern besaßen häufig sogar eine runde lichtempfindliche Schicht. Die Gründe hierfür waren fertigungsbedingt. Die Abtastung des Bildes erfolgte zeilenweise, wobei jede Zeile gleich lang war. Im Ergebnis ergab sich also ein eckiges Bild.

Vidicon-Bildaufnahmeröhre
Bildquelle: Sphl, CC BY-SA 3.0 http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/

Moderne Bildsensoren entstehen auf runden Wafer-Platten, sind aber bekanntlich eckig. Wieder sind die Gründe fertigungsbedingt. Einen runden Sensor herzustellen, wäre technisch durchaus möglich. Aber: Während sich eckige Sensoren fast nahtlos gruppieren lassen, entstünde durch die runde Bauform ein Flächenverlust. Im Ergebnis würden auf einen Wafer weniger Sensoren passen. Doch damit nicht genug. Nach wie vor ist es nicht möglich, einen 100% fehlerfreien Waver zu erzeugen. Es gibt also immer eine gewisse Anzahl an Ausschuss. Je größer die Fläche eines einzelnen Sensors, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich darauf ein Fehler befindet. Beides erhöht die Fertigungskosten ganz erheblich.

Das wäre durchaus zu verschmerzen, wenn es gute Argumente für ein rundes Aufnahmeformat gäbe. Zeitschriften und Zeitungen sind eckig. Die darin abgedruckten Bilder ebenso. Fernsehgeräte, Monitore, Kinoleinwände, Smartphones – alles eckig. Der einzige wesentliche Unterschied liegt im Hoch- oder Querformat. Ein rundes Ursprungsbild müsste daher in der Praxis immer mit einem mehr oder weniger großen Pixelverlust beschnitten werden.

Eine Kompromisslösung könnte ein quadratisches Format sein. So etwas gab es zur Analogzeit in Form des 6×6 Mittelformats, war aber auch damals eine Ausnahmeerscheinung. Es würde den Bildkreis des Objektivs maximal ausnutzen und ließe gleichzeitig eine effiziente Waferproduktion zu. Das Problem des größeren Flächenverbrauchs und der damit verbundenen höheren Fertigungskosten bliebe allerdings bestehen. Zudem müsste ein quadratisches Bild für die Auswertung in den meisten Fällen trotzdem mehr oder weniger stark beschnitten werden.

In der Summe stehen dem einzigen Vorteil einer etwas höheren Flexibilität bei der nachträglichen Ausschnittwahl zahlreiche Nachteile entgegen. Und das ist der Grund, warum es keine runden Kamerasensoren gibt.

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