Bei professionellen Kameras und solchen mit professionellem Anspruch lässt sich eine Funktion zuschalten, die Bildbereiche bestimmter Helligkeit mit einer elektronischen Schraffur („Zebra“) versieht. Sichtbar ist diese Schraffur nur im Sucher, dem LCD-Display und manchmal auch am Videoausgang der Kamera, niemals aber auf der Aufzeichnung.
In welchem Helligkeitsbereich das Zebra sichtbar ist, lässt sich bei den meisten Kameras einstellen, manchmal geht das sogar stufenlos. Praxistauglich sind jedoch in erster Linie die Stufen 53% /70% und 100%.
Was die Zahlen bedeuten
Der Helligkeitsbereich, in dem das Zebra erscheint, wird entweder durch einen Prozentwert oder durch eine einfache Zahl, manchmal auch zusätzlich mit der Maßeinheit IRE („Institute of Radio Engineers“ gekennzeichnet. Ganz gleich, ob Prozent oder IRE, die Werte sind identisch.
0 IRE bedeutet, dass kein Licht auf den Bildwandler fällt, das Bild also schwarz ist. 100 IRE steht für die Lichtmenge, die von der Kamera gerade noch normgerecht aufgezeichnet werden kann. In der Regel entspricht 100 IRE damit der Farbe Weiß.
Welche Arten von Zebra es gibt
In der einfachsten Variante werden alle Bildbereiche, die heller sind, als das eingestellte Zebra mit einer Schraffur versehen. Auf diese Weise lässt nur ermitteln, ob ein bestimmter Bildbereich heller (Schraffur sichtbar) oder dunkler (keine Schraffur) als der vorgegebene Zebrawert ist. Bei der zweiten, wesentlich praktischeren Variante funktioniert das Zebra wie ein Markierungsfenster: Nur wenn die Helligkeit eines Bildbereichs in etwa (+/- einige Prozentpunkte) dem eingestellten Zebrawert entspricht, ist die Schraffur sichtbar, liegt sie deutlich darüber oder darunter, wird nichts angezeigt.
Bei Profikameras lassen sich oft sogar mehrere Zebraindikatoren gleichzeitig anzeigen, so dass sich unterschiedliche Helligkeitsbereiche markieren lassen. Die Unterscheidung erfolgt hierbei durch verschiedene Schraffurwinkel.
Welcher Zebrawert für was taugt
100 IRE
Preiswertere Kameras, so sie überhaupt über eine entsprechende Funktion verfügen, lassen oft keine Veränderung des Zebrawertes zu. Meist liegt er fest eingestellt bei 100 IRE und kennzeichnet damit das Helligkeitsmaximum, welches die Kamera gerade noch verarbeiten kann.
Große helle Flächen, die im Sucher Zebra zeigen, wirken im Video immer unschön und sollten daher vermieden werden. Das gilt in besonderem Maße, wenn diese Bildbereiche in Wirklichkeit nicht weiß, sondern farbig sind. An diesen Stellen ist das Bild schlicht überbelichtet.
Sichtbar wird das Zebra daher bevorzugt in weißen Himmelsbereichen. Es bedeutet, dass dort später keine Details mehr erkennbar sein werden. Der Profi spricht in diesem Fall von „ausfressen“. Würde man die Belichtung manuell so weit reduzieren, so dass das Zebra gerade verschwunden ist, wäre zwar der Himmel schön „durchgezeichnet“, d. h. alle mit bloßem Auge erkennbaren Strukturen wären auch auf dem Video sichtbar, dafür wäre das eigentliche Motiv allerdings zu dunkel. Bei Landschaftsmotiven hilft manchmal ein Grauverlaufsfilter vor dem Objektiv. In der Regel wird man mit dem ausgefressenen Himmel jedoch leben müssen, da der Aufwand einer Korrektur in der Praxis oft nicht zu leisten ist.
Der Lack weißer Autos und anderer heller Gegenstände zeigt oft ebenfalls Zebra. Versuchen Sie in einem solchen Fall, die Belichtung manuell ein wenig zu reduzieren, bis nur die wirklich hellsten Stellen noch Zebra zeigen. Achten Sie dabei aber unbedingt auf Ihr Hauptmotiv, das durch die Korrektur nicht zu dunkel erscheinen darf.
70 IRE
Ein auf 70 IRE eingestelltes Zebra ist eine hervorragende Hilfe, um die korrekte Belichtung eines Gesichts mit mitteleuropäisch-hellem Hauttyp zu ermitteln:
Stellen Sie die Belichtung zunächst so ein, dass die Schraffur das Gesicht überdeckt. Im zweiten Schritt verringern Sie die Belichtung wieder ein wenig, bis das Zebra gerade verschwindet. Bei ungeschminkter Haut darf in den Glanzstellen auf Nase und Stirn unter Umständen noch ein wenig von der Schraffur sichtbar sein.
53 IRE
Bei einem auf 53 IRE eingestellten Zebra erscheint die Schraffur in allen Flächen mit mittelgrauem Farbton. Es eignet sich damit für die Belichtungsmessung über eine Graukarte mit 18%iger Refexion. Fotografen wissen diese Messmethode traditionell zu schätzen, da sie selbst bei sehr schwierig zu erfassenden Lichtsituationen gute Ergebnisse liefert. Graukarten, die sich als Messgrundlage eignen, gibt es für wenig Geld im Fotohandel.
Die Vorgehensweise:
Setzen Sie die Graukarte so ins Bild, dass sie in gleicher Weise vom Licht getroffen wird, wie Ihr Hauptmotiv. Stellen Sie jetzt die Belichtung so ein, dass die Graukarte vollflächig Zebra zeigt. Jetzt reduzieren Sie die Belichtung wieder ein wenig, bis das Zebra fast, aber nicht ganz verschwunden ist – fertig!
Mit ein wenig Erfahrung funktioniert diese Messmethode auch ohne explizit ins Bild gehaltene Graukarte, denn viele natürliche Bildelemente liegen in einem ähnlichen Helligkeitsbereich: Mattgraue Betonfliesen, viele Asphaltböden oder Grasflächen im Mitlicht. Auch hierbei müssen Sie darauf achten, dass die Messfläche und das Hauptmotiv auf gleiche Weise vom Umgebungslicht getroffen werden.
Obwohl die Messung auf Basis des 53 IRE-Zebras recht genau funktioniert und gerade in schwierigen Situationen sehr praktisch ist, lässt sich dieser Wert bei vielen Kameras nicht einstellen. Soweit Sie die Möglichkeit besitzen, die Verstärkung Ihrer Kamera manuell festzulegen, gibt es für Experten einen Trick:
Steht Ihr Zebra auf 70 IRE, setzen Sie die Empfindlichkeit Ihrer Kamera für die Graukartenmessung auf +6dB (1 Blendenstufe). Bei einem 100 IRE-Zebra verwenden Sie eine Empfindlichkeit von +12 dB (2 Blendenstufen). Lassen Sie sich nicht davon irritieren, dass der so ermittelte Blendenwert zunächst zu einem völlig überbelichteten Displaybild führt. Für die Aufnahme müssen Sie die Empfindlichkeit – unter Beibehaltung des ermittelten Blendenwertes – auf den Standardwert von 0 0dB absenken.
[box type=’normal‘]Fazit
Die Zebrafunktion ist kein Allheilmittel, das in jeder Situation automatisch zu korrekt belichteten Bildern führt. Aber sie ist ein optimales Hilfsmittel, um die Belichtung selbst in kritischen Situationen zuverlässig zu bestimmen, in denen jede Belichtungsautomatik hoffnungslos überfordert ist.
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Thema:Zebra
18% Grau = 40 IRE
Hallo Michael,
ganz so einfach ist es (heute) leider nicht.
Zunächst sei darauf hingewiesen, dass die ISO-Angabe des Herstellers nur eine Empfehlung darstellt. Nach eigenem Empfinden des jeweiligen Bildgestalters und nach dem jeweiligen Motiv kann eine etwas reichhaltigere/knappere Belichtung durchaus „bessere“ Bildergebnisse liefern.
Sinngemäß gilt das auch für die Belichtungsempfehlungen, die sich auf eine Graukarte beziehen. In der Broadcast-Technik (Rec.709) auf Basis von CCD-Sensoren galt lange Zeit die Empfehlung, eine 18% Graukarte auf ca. 50 IRE zu belichten. Auf dieser Annahme basiert auch meine Empfehlung für den Umgang mit dem Zebra, die ich zumindest für preiswertere und damit meist in den Schatten hart arbeitende (Amateur-)Kameras nach wie vor für gültig halte.
Selbst dann, wenn man Log und Co. außen vor lässt und sich auf Rec.709 beschränkt, weist das Oszillogramm eines Graukeils, welcher 18% Grau enthält, von Kamera zu Kamera erhebliche Unterschiede auf. Rec.709 erscheint zwar auf den ersten Blick ein Standard zu sein, wird aber in der Praxis von den Kameraherstellern sehr unterschiedlich interpretiert.
Der allgemeine Trend im prof. Bereich geht meiner Einschätzung nach in der Tat zu einer etwas knapperen Belichtung, um die Highlights, die moderne Sensoren handeln können, besser in ein Rec.709 ähnliches Profil zu pressen.
Empfehlungen von Kameraherstellern für eine Belichtung der Graukarte auf 40 IRE oder weniger gibt es meiner Kenntnis jedoch nur, wenn man Rec.709 links liegen lässt, bei Sony etwa unter Verwendung der Hypergamma-Kurven (zB.HG3 oder HG7 mit 40 IRE oder HG2 sogar nur mit 30 IRE). Oder bei ARRI LogC (39 IRE).
Eine recht aufschlussreiche Diskussion zum Thema gibt es übrigens hier: http://www.cinematography.net/edited-pages/18GreyTranslationToIREValue.htm