Wenn ich in das Objektiv meines Fotoapparates schaue, sehe ich dort eine klassische Lamellenblende. Bei meinem Camcorder kann ich nichts dergleichen entdecken. Wie funktioniert dort die Steuerung des Lichteinfalls?
Als langjähriger Filmer wissen Sie vermutlich um diese klassische Regel: Je kleiner die Blende (=große Blendenzahl), desto größer ist die Schärfentiefe.
Das ist allerdings nur die halbe Wahrheit: Bei sehr kleinen Blendenöffnungen muss sich das Licht durch ein extrem winziges Loch zwängen. Ein Teil der Lichtstrahlen wird dadurch geringfügig abgelenkt (Beugeerscheinung) und trifft etwas neben dem eigentlichen Zielpunkt auf dem Sensor auf. Im Ergebnis wird das scharfe Bild von einem unscharfen Bild überlagert. Das ist Physik und tritt unabhängig von Hersteller und Kameramodell auf.
Ab wann sich diese Beugeerscheinungen negativ auf die Bildschärfe auswirken, ist vom maximal zulässigen Zersteuungskreis – vereinfacht gesprochen von der Sensorgröße – abhängig. Als Faustformel gilt: Je kleiner der Sensor, desto früher führen Beugeerscheinungen zu einer im Bild sichtbaren Unschärfe.
Moderne Camcorder haben häufig so kleine Bildwandler, dass die sog. „kritische“ oder auch „förderliche Blende“ (vereinfacht: Blendenwert, bei dem die optimale Abbildungsleistung erzielt wird) schon bei voller Öffnung erreicht ist. Jedes weitere Abblenden würde sofort zu einer Verschlechterung der Bildqualität führen. Der Einbau einer Lamellenblende macht unter diesen Bedingungen keinen Sinn.
Bei sehr preiswerten Kameras (z.B. Webcams) erfolgt die Belichtungsregelung deshalb (und auch aus Kostengründen) ausschließlich über die nachgeschaltete Verstärkung/Abschwächung des Sensorsignals bzw. die Belichtungszeit. Höherwertige Kameras besitzen an Stelle der Lamellenblende ein variables Graufilter zur Anpassung der einfallenden Lichtmenge. Dessen Funktionsprinzip können Sie sich so ähnlich vorstellen, wie das einer LCD-Anzeige im Taschenrechner: Am Filterelement liegt eine Steuerspannung an. In Abhängigkeit zu deren Stärke schwärzt sich das Filter mehr oder weniger stark.
Be the first to comment